Arbeitsschwerpunkte & Projekte

Zur Arbeit der Geschichtswerkstatt Harburg gehören inzwischen eine Vielzahl von Themen und Projekten, immer mit Harburg-Bezug, die in Form von Ausstellungen, Broschüren oder Vorträgen veröffentlicht werden. Manches davon behält aber auch Werkstattcharakter. Die Auswahl der Themen richtet sich nach persönlichen Bezügen und Interessengebieten innerhalb der Geschichtswerkstatt oder wird durch besondere Ereignisse und Jahrestage bestimmt. Folgende Arbeitsschwerpunkte und Projekte wurden oder werden aktuell von Mitgliedern bearbeitet.



Foto: Nissenhütten in der Grumbrechtstraße um 1950 (Geschichtswerkstatt Harburg)

Der Röhrenbunker im Harburger Binnenhafen

Ein vergessener Zeitzeuge

Ein kleines „Wäldchen“ in der Nähe der Fischhalle auf dem Kanalplatz! Das ist erstaunlich in der baumlosen Umgebung des Harburger Binnenhafens!
Nur von der Straßenseite sieht man ein flaches, marodes Gebäude unter dem Grün: Es ist ein Röhrenbunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Er wurde – wie zahlreiche andere Bunker im Harburger Stadtgebiet – als Luftschutzraum für die Zivilbevölkerung gebaut. Vor allem die Hafenarbeiter auf dem Lagerplatz am Binnenhafen konnten dort Schutz bei Bombenangriffen finden.

Röhrenbunker boten aber nur einen Splitterschutz, einem Volltreffer hielten sie nicht stand.

Der Niedergang ist mit einer Massivtreppe versehen und noch gut erhalten. Im Inneren ein kleiner Vorraum, vermutlich eine Gasschleuse, mit vielen Spinnenweben, dann zwei parallel verlaufende Betonröhren mit gewölbter Decke, ebenfalls kahl, gerade noch mit Stehhöhe.

Der Bunker ist leer. Üblich war die Ausstattung mit Strom und Trockentoiletten. Auf zwei parallel verlaufenden Bankreihen in jeder Tunnelröhre konnten etwa 100 Menschen Platz finden. Daneben eine Abseite für Habseligkeiten und Geräte. Im Röhrenbunker am Kanalplatz, damals Kapitän-Kirchheiß- Platz, sind keinerlei Ausstattungsgegenstände erhalten. Einige Beschriftungen an den Wänden konnte eine Restauratorin inzwischen freilegen.

Man kann sich vorstellen, wie es den Schutzsuchenden dort drinnen ergangen sein muss, zum Beispiel bei Bombenangriffen auf die Blohmstraße und den Kanalplatz.

100 Menschen – manchmal sicher mehr – saßen in diesem engen Schutzraum, hörten den ohrenbetäubenden Lärm der Einschläge, das Geprassel von Trümmern und Splittern auf die Röhren, konnten kaum atmen wegen des Staub- und Brandgeruchs. Alle wussten, einen Volltreffer würden sie nicht überleben. Erst 1944 wurde in Harburg der einzig sichere Zufluchtsort für die Zivilbevölkerung, der Hochbunker in der Lassallestraße, gebaut.

Nach dem Krieg, als die Wohnungsnot in dem völlig zerbombten Harburg sehr groß war, diente der Röhrenbunker einer Familie als Wohnraum. Erst 1954 wurde er für unbewohnbar erklärt, die Familie musste ausziehen. Gewerbliche Nutzungen schlossen sich an. Als letztes war dort bis ca. 2009 ein Getränkelager.

Die Geschichtswerkstatt Harburg möchte den Röhrenbunker auf dem Kanalplatz als sichtbares Mahnmal aus dem Zweiten Weltkrieg erhalten, als Zeitzeuge einer Vergangenheit, in der Angst, Zerstörung und Gewalt das Leben der Menschen bestimmte. Durch den Krieg in der Ukraine hat das Thema eine erschreckende Aktualität bekommen, die Angst vor Zerstörung und Tod ist in Europa wieder Realität geworden.

Der Verein konnte den Bunker im September 2022 übernehmen und seitdem viel von dem realisieren, was wir uns vorgenommen hatten. Der Röhrenbunker im Binnenhafen bleibt als bisher einziger begehbarer Bunker in Harburg erhalten.

Dank der finanziellen Unterstützung durch den Bezirk Harburg, dem Einsatz von Sponsoren und Handwerksbetrieben und nach vielen Arbeitsstunden von Vereinsmitgliedern kann der Bunker seit März 2023 bei Führungen mit begrenzter Besucherzahl besichtigt werden.

Ab 2024 finden regelmäßige Führungen am 2. Sonnabend im Monat um 15:00 (Dauer ca. 1. Stunde) ohne Anmeldung statt.

Um ihn auch zu einem Lernort für Schüler*innen zu machen, werden wir Teilbereiche mit Bildern vom zerstörten Harburg und Gegenständen, die das Kriegsgeschehen in unserer Stadt dokumentieren, ausstatten. Ebenso werden dort Lesungen in kleinem Rahmen möglich sein.

ZEITZEUG*INNEN GESUCHT!

Leider wissen wir immer noch viel zu wenig über diesen Bunker. Deshalb suchen wir Menschen, die aus Erzählungen etwas wissen und bitten sie, sich in der Geschichtswerkstatt Harburg zu melden.

Der Röhrenbunker auf dem Kanalplatz von Westen (aus: Michaelis/Wittke 1956)

Der Röhrenbunker auf dem Kanalplatz von Westen (aus: Michaelis/Wittke 1956)

2021-11 Besichtigung Kanalplatz- (Foto Klaus Barnick)

Der Bunkereingang (Foto Klaus Barnick 2021)

2021-11-08 Röhrenbunker Kanalplatz Eingang Foto Birgit Caumanns

Der Eingang von innen (Foto Birgit Caumanns 2021)

Vereinsarbeit im Bunker (Foto Birgit Caumanns)

Vereinsarbeit im Bunker (Foto Birgit Caumanns 2022)

Die südliche Röhre im Zweiröhrenbunker (Foto: Thomas Steege)

Die südliche Röhre im Zweiröhrenbunker (Foto Thomas Steege 2023)

Anlieferung von Bombenfragmenten durch den Kampfmittelräumdienst (Foto Birgit Caumanns 2023)

Anlieferung von Bombenfragmenten durch den Kampfmittelräumdienst (Foto Birgit Caumanns 2023)